Heute am 26. Januar 2014 war unsere vierköpfige Familie bei einer Premiere dabei: die erste Familienführung im Leder- und Gerbermuseum Mülheim an der Ruhr. Etwa ein Dutzend Kinder nebst zugehörigen Erwachsenen bekamen eine wunderbare und sehr kindgerechte Führung, von der Museumschefin selbst.
Ein paar erste Fragen zum Auflockern starteten das ganze Event: Was tragen wir aus Leder an uns? Woraus wird Leder gemacht? Wie komme ich an die Tierhaut ran? Irgendwann wird auch das “Arschleder” erwähnt. Großes Kindergekicher!
Dann erfahren wir, dass Mülheim mal 45 Lederfabriken hatte. Am Eingang gibt es dazu nämlich eine Karte von 1903 auf dem Fussboden, da kann man das ganz wunderbar sehen.
In kleinen Häppchen werden in der Führung nun allerlei weitere Fakten vermittelt: Die Ruhr war vor den Stauwehren und Schleußen schwer zu bändigen. Da ‘schwimmen einem die Felle davon’. Also hat man das Fell nach dem Abziehen früher lieber in einen Bach gehängt. In der Ausstellung selbst sehen wir, dass so eine Kuh 4,5 bis 6 Quadratmeter Leder am Stück gibt – das riesige Teil wird nämlich auf dem Boden ausgebreitet. So eine Haut quillt beim Wässern übrigens auf 2 cm Dicke auf und wiegt 50-70kg – kein leichtes Stück Arbeit für den Gerber!
Das beste Leder kommt vom Rücken, weil die Fasern dort am dichtesten sind und die Haut von Wachstum und Geburten nicht gedehnt ist. Und die Nackenfalten kriegt man nicht weg. Leder wurde früher auch mit Tauben-, Hundekot und Pipi gemacht. Und dann am Liebsten Glazé-Lederhandschuhe daraus. Wenn man dann einen Handkuss gibt – versteht Ihr?
Die große Holzbox in der Ecke beherbergt konfiszierte Stücke vom Zoll – in die Schlangenlederjacke dürfen alle Kinder einmal reinschlüpfen. Und hat schon mal wer Lachsleder oder das Leder von einem Stör angefaßt und gerochen?
Ein Hausmodell zeigt die Lederherstellung in allen Phasen. Toll ist auch das Quiz gegenüber, ein Mix von Reimen, Tierlauten und Lederproben zum Antasten.
Gezeigt werden daneben viele Produkte aus Leder für Bergbau und Militär. Gerade der Kohleabbau im Ruhrgebiet brauchte nämlich viele Ledersachen für Bekleidung der Bergmänner, für Lederriemen und Schutz der Geräte. Einmal Gerbbrühe riechen? Bitteschön!
Zum Schluß erhalten alle einen Lederbeutel zum Selberfädeln (die Kids einen großen, die Erwachsenen einen kleinen). Toll!
Wer jetzt noch mag, kann einen recht langen Film über alle Herstellungsphasen von Leder gucken. Allerdings wurde vorgewarnt, da wird wohl auch die Haut mit Fleischresten gezeigt (haben wir nicht geguckt, den Bildschirm kann man umgehen). Die weitere Austellung ohne Führung zeigt ergänzend eine Historie der Mülheimer Fabriken, einen Wechselausstellungsbereich und Audiokommentare.
Ganz wunderbar fand ich, dass durchgehend alle Exponate und der Rundgang auch in Braille beschriftet sind. Auch kann man viele große und kleine Lederproben und einige andere Exponate angucken und befühlen!
Fotos sind (bis auf die mit den eigenen Kindern) in der Tour nicht gern gesehen, aber da es ein Museum ist, finde ich das in Ordnung.
2 Erwachsene und 2 Kinder schlugen mit fairen 14 Euro zu Buche, bei Einsatz der Ruhrtopcard gibt es etwas Ermäßigung. Ich empfehle den Besuch der kleinen, aber feinen Ausstellung mit dieser oder einer ähnlichen Führung.
Es gibt von mir volle drei von drei Schachtzeichen:
Details: Website vom Leder- und Gerbermuseum
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