Unser erste Extraschicht im Ruhrgebiet am 19.6.2010 – die zehnte ihrer Art.
Obwohl wir nun seit mehreren Jahren im Pott wohnen, haben wir es dieses Jahr geschafft/für notwendig erachtet, die “lange Nacht der Industriekultur”, auf pottdeutsch “ExtraSchicht” zu besuchen. Da im Ticketpreis auch ÖPNV-Benutzung und Shuttleservice enthalten ist, fiel die Wahl auf Autostehenlassen. Also, mit der regulären U-Bahn zum Mülheimer Hauptbahnhof und von dort weiter mit dem Shuttlebus Richtung Oberhausen. Im Bus saßen übrigens schon ne Menge Leute, die kamen aus Richtung MüGa. Da lief so ne Art Hippie-Revival. Daher wohl die Blümchen im Haar bei unseren Gegenübern.
Unterwegs haben wir spontan beschlossen, das Gasometer als zweite Etappe zu besuchen und sind stattdessen eine Haltestelle vorher ausgestiegen.
Etappe 1: LVR Industriemuseum Oberhausen
Anmerkung vorab: Da es mit dem Fotografieren in Museen so eine Sache ist (kein Museum will sich schließlich das Geschäft mit Bildbänden und Postkarten vermiesen lassen), veröffentliche ich hier nur ausgewähltes Bildmaterial von Aktivitäten im Rahmen der Extraschicht, in unserem Fall von einer wirklich guten Führung. Die Exponate rücken somit in den Hintergrund.
Angekommen vor Ort (die ehemalige Zinkfabrik Altenberg, direkt am Oberhausener Hauptbahnhof) hatten wir das Glück, gleich in eine kleine Gruppe mit aktuell bereits laufender Führung reinzurutschen. So verpassten wir zwar den Anfang (vermutlich Kohleförderung & Co), hatten aber einen sehr lebendigen Führer erwischt. Jener führte uns nun durch verschiedene Perioden der Schwerindustrie-Geschichte Ruhrgebiet. Man muss das Industrielle schon sehr mögen, glaub ich, um dem Museum mit Begeisterung zu folgen. Für uns war die Führung der positive Knackpunkt, sonst wären wir schneller wieder weggewesen. Aber das Museum ist trotzdem gut aufgemacht, man hat öfters die Möglichkeit, auch mal selbst was zu tun. Etwa die Zugkraft der eigenen Hand zu messen.
Während unserer Führung wurde live ein Werkstofftest mit einem Stück Stahl gemacht, welches unter lautem Knall in der entsprechenden Maschinerie zerbarst. Highlight! Auch eine Demonstration der Transmission, also der Antriebe mit großen Rädern und Treibriemen war inklusive. Klasse!
Update: Video zur Stahlprüfung
Die Führung ist zu Ende, schnell noch in den Museumsshop. Da hätten wir beinah so Blümchenkugelschreiber mit Magnet dran mitgenommen. Gabs aber nicht mehr. Also dann Tschüss Museum und raus. Da kommt soeben der Shuttle-Bus zum Gasometer angebraust – Beine in die Hand genommen und weiter gehts.
Etappe 2: Gasometer Oberhausen
Noch im Bus entdeckt die @geelinde einen amerikanischen Schulbus. Also, nach dem Aussteigen kurz mal hingewuselt und Foto gemacht.
Danach überwinden wir die paar Meter bis zum Eingang Gasometer. Kurzes Hochzeigen der roten Ticketbänder (zweimal) und dann vor dem Gasometer noch ne Bratwurst schnabuliert, ist ja schon was später am Abend. Am Eingang zum Gasometer wird per Plakate freundlich daraufhingewiesen, dass wegen der Vorbereitung des Feuerwerks 23:30 bis 1 Uhr Dach und Gasometer gesperrt werden. Als wir eintreffen, überkleben Helfer das gerade, weil Dach und Fahrstuhl ab sofort zu sind. Das muss so gegen 22 Uhr gewesen sein.
Gut, schauen wir uns diesmal ohne Kids in Ruhe nochmal die Sternstunden-Ausstellung an. Das behandle ich aber in einem separaten Blogeintrag (Update: Den Blogeintrag gibt es nur hier http://bit.ly/9uAUDN).
In punkto Extraschicht läuft unter dem 25m großen Mond eine Videoinstallation [raumzeitmaschine] mit komischen Klängen und Bildern. Die mögen wir nicht, da fehlt uns wohl irgendwie der Zugang.
Nach einigen netten Fotos und Rumgucken verlassen wir den Gasometer wieder und nehmen grad um die Ecke die nächste Etappe in Angriff.
Etappe 3: Klettergarten Oberhausen
Der Klettergarten direkt am Gasometer wartet mit einer “Parksinfonie” auf. Licht- und Soundinstallationen und live werkelnde Künstler verwandeln das Gelände in ein nettes Gesamtarrangement auf Zeit. Wir sind schwer angetan. Neben den angeleuchteten Bäumen (kennen wir in der Art ja schon vom Parkleuchten) sind es gerade die künstlerischen Darbietungen, die uns gefallen. Dort fiedelt einer auf einer Art Xylophon, begleitet auf dem Kontrabass. Dazwischen schwirrt ein Pantomime. Wir müssen stehen bleiben und lauschen.
Update: Videoausschnitt von der Performance (leider zwischenzeitlich von Fidelbogen auf Schlägel gewechselt):
Da tupft ein Malersmensch Farbe auf der Leinwand weg und bringt sein Werk voran. Dazwischen stehen leuchtende Pilze und dahinten kommen wir an einer Leseecke vorbei.
Jetzt müssen wir erstmal noch einen Crepes zwischen die Kiemen schieben, und entscheiden uns dann, auf das angekündigte Feuerwerk am Gasometer zu warten. Bis dahin ist es noch eine knappe Dreiviertelstunde, also gehen wir noch eine Runde durch den Klettergarten.
Der Malersmensch ist zwischenzeitlich weg, aber sein Werk hat noch an Details gewonnen. Wir drehen die Runde anders als beim ersten Mal und kommen an Bäumen vorbei, die musizieren. Also per Be-Beamung. Nett. Die Pilze sind jetzt auch aus, aber dort schwebt eine Art Spinnengewebe illuminiert zwischen den Ästen. Und von dort kömmt Harfenklang.
Wir suchen uns einen besseren Standort in Erwartung der Gasometer-Illumination und verlassen dafür das Gelände, bis wir wieder an der Haltestelle für den Shuttlebus ankommen. Es wird allerdings langsam eklig kalt und nass, da es wieder angefangen hat zu regnen. Nette Wartenachbarn bieten uns eine Flasche Weisswein an.
Etappe 4: Missinterpretiert: Avantgarde-Feuerwerk am Gasometer Oberhausen
Kurz nach halb Eins geht das Licht am Gasometer aus und das Feuerwerk startet. Nach und nach werden auf den äußeren Etagen Lichtpunkte sichtbar, die pulsieren. Sieht nett aus. Und da kommt unser Bus. Wir schauen uns kurz an, aber wegen der widrigen Wetterumstände ist uns echt kalt und so. Wir nehmen den Bus. Der steht noch eine Minute da und wir erleben den Rest des Feuerwerks im Bus. Und sind irgendwie enttäuscht. Das waren irgendwie nur wenige Minuten. Zu wenige. Der Bus entfernt sich vom Gasometer, wir recken nochmal die Hälse, ob noch was kommt. Nix.
In Mülheim am Hauptbahnhof stellen wir fest, dass wir eine halbe Stunde warten müssen, bevor der Nachtexpress eintrifft. Wir überlegen, ob wir nicht besser heimlaufen. Das scheitert, weil die Türen vom Forum schon zu sind und wir nicht bei Regen außenrum laufen wollen. Also warten wir dann doch, ziehen noch ein Heißgetränk aus dem Automaten. Irgendwann kommt der Bus und wir glücklich, aber müde zu Hause an.
Potenzial und Wunsch nach Wiederholung nächstes Jahr besteht. Einige wenige Punkte der Extraschicht intensiver anzuschauen macht durchaus wieder Sinn, vielleicht ziehen wir nicht erst gegen 8 Uhr los, sondern schon früher.
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